Das Wichtigste in Kürze:
- Der Zuckerkonsum von Kindern kann sich auf die Gesundheit im Kindes- und auch Erwachsenenalter auswirken.
- So erhöht der frühe Konsum von Zucker das Risiko für Typ-2-Diabetes und Bluthochdruck im Erwachsenenalter.
- Eine hohe Zuckeraufnahme fördert neben Karies außerdem Übergewicht und Fettleibigkeit - die wiederum mit erheblichen gesundheitlichen Auswirkungen verbunden sind.
- Übermäßiger Zuckerkonsum kann außerdem die Gehirnentwicklung beeinträchtigen, was zu Aufmerksamkeitsstörungen und Impulsivität bei Kindern führen kann
- Aus diesen Gründen ist es sehr wichtig, insbesondere bei Kindern unter 2 Jahren Zucker weitestgehend zu meiden und danach die Zuckeraufnahme im gesundem Rahmen zu halten.
Zucker bei Kindern - beliebt, aber nicht ungefährlich
Sarah und Timo strahlten vor Stolz, als ihre 18 Monate alte Tochter Emma ihnen freudig eine leere Saftpackung Orangensaft entgegenstreckte. "Toll gemacht", lobten die beiden Emma, denn sie glaubten, dass Fruchtsaft ein gesundes Getränk sei. Daneben durfte Emma jeden Tag ein Quetschie snacken - denn die liebte sie einfach.
Als Emmas Zähne bei ihrem ersten Zahnarztbesuch erste Anzeichen von Karies zeigten, waren sie schockiert. Der Zahnarzt erklärte, dass der häufige Genuss von zuckerhaltigen Getränken und Snacks ihren Zahnschmelz angreift - insbesondere der Verzehr von Quetschies, da hier der Kontakt zu den Zähnen bei längerem Nuckeln besonders lange besteht.
Die Geschichte setzte sich bei Emmas U7-Untersuchung fort, bei der sich die Kinderärztin besorgt über Emmas Gewichtsentwicklung äußerte. Sarah und Timo erfuhren, dass ihre gut gemeinten Entscheidungen Emmas Körper mit verstecktem Zucker überschwemmte und sie unbedingt etwas ändern müssten. Denn alleine durch Saft und Quetschie nahm Emma jeden Tag 45 Gramm Zucker zu sich - das sind 15 Würfelzucker.
Was bedeutet das für ihren Körper - kurzfristig, aber insbesondere auch langfristig?
Langfristige Gesundheitsrisiken durch frühe Zuckerexposition
Die Ernährung spielt in den ersten 1000 Tagen - das ist der Zeitraum der Schwangerschaft und der ersten 2 Lebensjahre - eine ganz entscheidende Rolle für die zukünftige Gesundheit. Und trotzdem unterschätzen leider viele Eltern die Bedeutung der frühen Ernährungsentscheidungen. Die aktuelle Forschung zeigt, dass eine frühe Zuckerexposition bei Kindern die langfristigen Gesundheitsrisiken steigen lässt. Und das schon bei kleinsten Mengen zugesetzten Zuckers.
Studien zeigen, dass der frühe Konsum von zugesetzten Zuckern die Wahrscheinlichkeit erhöhen kann, im Erwachsenenalter Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes und Bluthochdruck zu entwickeln.
Zudem kann eine frühe Zuckerexposition lebenslange Essensvorlieben prägen, wodurch Kinder eine Vorliebe für süße Lebensmittel entwickeln.
Empfohlen werden maximal 25 Gramm zugesetzter Zucker (also z.B. in Säften, Marmelade oder Cornflakes) bzw. 10% der zugeführten Kalorien.
Statistiken zeigen jedoch, dass der Konsum bei 17,5% liegt, also deutlich über den Empfehlungen.
Unmittelbare Auswirkungen von Zucker auf die Gesundheit von Kindern
Unmittelbare gesundheitliche Auswirkungen des Zuckerkonsums bei Kindern umfassen verschiedene Probleme. Ein hoher Zuckerkonsum kann zu Übergewicht beitragen, von dem eines von zehn Kindern in Deutschland betroffen ist - Tendenz steigend.
Darüber hinaus erhöht der Konsum von zuckerhaltigen Getränken das Risiko einer Insulinresistenz erheblich - einer Vorstufe der Zuckerkrankheit Diabetes mellitus Typ 2. So verwundert es nicht, dass sich auch auch die Wahrscheinlichkeit erhöht, an Typ-2-Diabetes zu erkranken. Obwohl diese Krankheit auch als "Altersdiabetes" bezeichnet wird, erkranken auch zunehmend mehr Kinder und Jugendliche an dieser Krankheit. Zusätzlich fördert eine zuckerreiche Ernährung die Häufigkeit von Karies.
Es gibt aber auch eine gute Nachricht: Eine Reduktion der Zuckeraufnahme führt bereits innerhalb weniger Tage zu signifikanten gesundheitlichen Verbesserungen. Das unterstreicht nochmals, wie wichtig es ist, gerade ein Augenmerk auf der Zuckerzufuhr von Kindern und Jugendlichen zu haben.
Auswirkungen auf Entwicklung und Verhalten
Ein hoher Zuckerkonsum stellt nicht nur ein unmittelbares Gesundheitsrisiko dar, sondern hat auch erhebliche kognitive und entwicklungsbezogene Auswirkungen auf Kinder.
Forschungen deuten darauf hin, dass übermäßige Zuckeraufnahme die Aufmerksamkeit beeinträchtigen und Impulsivität steigern kann, wie Studien an jugendlichen Ratten gezeigt haben - wie immer ist die Frage, inwieweit diese Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sind, trotzdem sollten die Ergebnisse Anlass zur Sorge geben. Wichtig zu wissen ist aber auch: Mittlerweile ist widerlegt, dass Zucker Hyperaktivität verursacht - allerdings kann der übermäßige Konsum zu kognitiven Schwierigkeiten führen, die die Fähigkeit eines Kindes zum Lernen und Konzentrieren beeinträchtigen.
Prof. Ingo Froböse

Gerade in der Wachstums- und Prägungsphase von Kindern ist es daher umso wichtiger, dass auf die Ernährung der Kinder sehr sensibel und umfassend geachtet wird. Süßigkeiten als Belohnung sind keine gute Strategie.
Univ. Professor der Deutschen Sporthochschule Köln
Wie viel Zucker ist für Kinder ok?
Die Empfehlungen sind klar: Säuglinge und Kleinkinder unter zwei Jahren sollten gar keinen so genannten "freien Zucker" bekommen. Hinter diesem Namen verbirgt sich Zucker, der Produkten und Lebensmitteln beigesetzt ist, also z.B. in Säften, Cerealien und natürlich Süßigkeiten. Wichtig: Der in unverarbeitetem Obst enthaltene natürliche Zucker wird zu dieser Menge nicht hinzugezählt.
Ab 2 Jahren sollte die Zuckerzufuhr maximal 10% der täglichen Energiezufuhr ausmachen, so empfiehlt es die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Strenger sieht es die Europäische Gesellschaft für Pädiatrische Gastroenterologie, Hepatologie und Ernährung, kurz ESPGHAN, die maximal 5% am Tag der Gesamtkalorien empfiehlt. Um es einfacher zu machen, rate ich, den Empfehlungen der American Heart Association (AHA) zu folgen, die maximal 25 Gramm freien Zucker am Tag für Kinder ab 2 Jahren empfiehlt.

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Unter 2 Jahren sollte auf freien Zucker verzichtet, danach die Zuckerzufuhr auf 25 Gramm pro Tag beschränkt werden.
DR. MED. INGO SCHMITZ-URBAN
ARZT | TÄTIGKEITSSCHWERPUNKT ERNÄHRUNGSMEDIZIN
Wie kann man die Zuckerzufuhr bei Kindern reduzieren?
Wenn Eltern gesündere Essgewohnheiten mit weniger Zucker bei ihren Kindern fördern möchten, können folgende Strategien helfen:
- An erster Stelle steht die Identifikation von verstecktem Zucker. Leider kann sich Zucker hinter 70 verschiedenen Namen, u.a. so unscheinbar wie Fruchtextrakt oder Apfeldicksaft, verstecken. Deswegen hilft zusätzlich ein Blick auf die Nährwerttabelle, in der der gesamte Zuckeranteil dargestellt ist.
- Insbesondere Produkte wie Fruchtsäfte, Quetschies, Frühstücksflakes und natürlich Süßigkeiten sollten reduziert werden - ein kompletter Verzicht unter 2 Jahren ist dabei unbedingt empfehlenswert.
- Außerdem ist es sinnvoll, den Anteil an hoch verarbeiteten Lebensmitteln zu reduzieren, denn auch hier ist oft Zucker zugesetzt.
- Wenn Kinder bereits höhere Mengen Zucker zu sich nehmen, ist eine schrittweise Reduktion sinnvoll - die Geschmackspapillen auf der Zunge erneuern sich innerhalb von 2 Wochen, sodass in diesem Zeitraum der Geschmack auch an weniger Süß gewöhnt wird.
Die entscheidende Rolle der Eltern
Die wirksame Begrenzung des Zuckerkonsums bei Kindern hängt stark von der Beteiligung der Eltern ab. Eltern agieren als Ernährungswächter und beeinflussen die frühen Essvorlieben und etablieren gesunde Gewohnheiten.
Indem Eltern also ihre Kinder über Mäßigung und die Bedeutung ausgewogener Ernährung aufklären, können Eltern die zukünftigen Entscheidungen ihrer Kinder prägen. Klare Grenzen, aber ohne Verbote, bei der Zuckeraufnahme zu setzen, hilft Kindern, eine gesündere Beziehung zum Essen zu entwickeln und die Abhängigkeit von zuckerhaltigen Snacks zu verringern.
Zusätzlich können gemeinsames Kochen und gemeinsame Mahlzeiten übermäßigen Zuckerkonsum mildern und letztendlich die langfristige Gesundheit unterstützen.
Aber letztlich ist natürlich auch die Vorbildfunktion der Eltern sehr wichtig: Wer gesunde Ernährung und moderaten Genuss vorlebt, der erhöht die Chancen deutlich, dass sich diese Ernährungsgewohnheiten auch auf den Nachwuchs übertragen.
Übrigens: Weitere Beiträge über gesunde Ernährung und Co. findest du auf fitnessdoc.net!
Das Fazit vom Fitnessdoc
In einer Welt, in der Produkte für Kinder besonders oft einen hohen Zuckeranteil haben, lauern die langfristig gesundheitliche Gefahren für Kinder. Von den unmittelbaren Auswirkungen auf die Gesundheit bis hin zu den langfristigen Risiken von chronischen Krankheiten sind die Folgen von übermäßigem Zuckerkonsum tiefgreifend. Es ist unerlässlich, dass Eltern die Bedeutung von zu viel Zucker verstehen und die Ernährungsgewohnheiten ihrer Kinder zum Positiven zu steuern.
Dr. med. Ingo SChmitz-Urban
Arzt | Tätigkeitsschwerpunkt Ernährungsmedizin