Das Wichtigste in Kürze:
- Chronischer Stress kann durch hormonelle Ungleichgewichte zu Heißhunger nach Junk Food führen.#
- Verzehre ballaststoffreiche und proteinreiche Lebensmittel, um Sättigung zu fördern und den Blutzuckerspiegel zu stabilisieren.
- Identifiziere und adressiere Stressauslöser durch offene Kommunikation und Problemlösung.
- Baue stimmungsaufhellenden Handlungsalternativen wie Sport oder Hobbys in deinen Alltag ein, um stressbedingten Heißhungerattacken zu vermeiden.
- Plane und bereite Mahlzeiten im Voraus vor, um impulsives Essen zu vermeiden und eine ausgewogene Ernährung aufrechtzuerhalten.
Der Mechanismus hinter Stressessen
Wenn du gestresst bist, greifst du häufig zu Süßigkeiten und Snacks. Aber was passiert genau in deinem Körper, wenn du gestresst bist? Hier muss man akuten von chronischem Stress unterscheiden.
Akuter Stress löst die Freisetzung von Adrenalin aus, das vorübergehend deinen Appetit unterdrückt, um dir bei unmittelbaren Bedrohungen zu helfen. Der Körper ist im Kampf- oder Fluchtmodus und kann sich nicht um die Energiezufuhr kümmern.
Wenn es jedoch zu chronischem Stress kommt, der Stress also anhält, fängt dein Körper an, dauerhaft Glukokortikoide (auch als Kortisol bekannt) freizusetzen. Diese Hormone können dazu führen, dass du hungriger wirst, auch wenn du eigentlich keine zusätzliche Nahrung brauchst. Welche Hormone noch eine Rolle in diesem Zusammenhang spielen, erfährst du gleich.
Es ist wichtig zu bedenken, dass nicht jeder auf Stress mit vermehrtem Essen reagiert. Manch einer reagiert auch mit einer reduzierten Nahrungsmenge – das erlernte Verhalten, kulturelle Normen und die Genetik bestimmen, in welche Gruppe du fällst.
Das Essen steigert das Wohlbefinden, was die Stressgefühle reduziert. Es ist jedoch nicht nur Essen, was das Wohlbefinden steigern kann – auch andere Aktivitäten, die Spaß machen, können das Wohlbefinden steigern und damit das Stressniveau senken, so zeigen es Studien (1).
Wenn du feststellst, dass du bei Stress mehr isst, bist du nicht allein, denn etwa 40% der Menschen essen bei Stress mehr. Neben Kortisol spielen weitere Hormone eine entscheidende Rolle.
Wie sich die Hormone auf deinen Appetit auswirken
Die Ursache sind hormonelle Ungleichgewichte in deinem Körper, die sich direkt auf deinen Appetit auswirken. Wenn du gestresst bist, schüttet dein Körper das Stresshormon Cortisol aus. Dieses Hormon kann dazu führen, dass du dich hungriger fühlst und das Verlangen nach kalorienreichen Lebensmitteln wie Süßigkeiten oder Junk-Food steigt (2). Das passiert, weil dein Körper glaubt, er braucht zusätzliche Energie, um mit dem umzugehen, was dich belastet.
Ein weiteres Hormon, das eine Rolle spielt, ist Ghrelin, bekannt als das Hungerhormon. Während stressiger Zeiten kann dein Körper mehr Ghrelin produzieren (3), was dich noch hungriger fühlen lässt. Diese hormonellen Veränderungen können deine natürlichen Hunger- und Sättigungssignale durcheinanderbringen, sodass es schwer fällt zu wissen, ob du wirklich hungrig bist oder nur aus Stress isst.
Das Verständnis, wie diese Hormone deinen Appetit beeinflussen, kann dir dabei helfen, deine Essgewohnheiten besser zu kontrollieren. Wenn du weißt, dass Stress dazu führen kann, dass du dich nach ungesunden Lebensmitteln sehnst, kannst du versuchen, während stressiger Phasen bewusster darauf zu achten, was du isst.
Nimm dir einen Moment Zeit, um in dich hinein zu horchen und dich zu fragen, ob du wirklich hungrig bist oder ob es der Stress ist, der gerade deinen Appetit steuert. Dieses Bewusstsein kann der erste Schritt sein, um ständigen Appetit, der durch Stress verursacht wird, zu bekämpfen.
Bewusste Ernährung in stressigen Zeiten
Wenn es zu Stress gekommen ist und der Appetit erstmal da ist, kann es hilfreich sein, deine Ernährung bewusst zu steuern:
- Ein einfacher, aber effektiver Tipp ist es, vor den Mahlzeiten ein großes Glas Wasser zu trinken. Dadurch bekommt dein Magen einen Dehnungsreiz, vor allem in Kombination mit einem (gesunden) Snack wie einem Apfel. Außerdem ist es eine einfache Möglichkeit, deinen Flüssigkeitsspiegel konstant zu halten!
- Die Aufnahme von ballaststoffreichen Lebensmitteln wie Gemüse und Vollkornprodukten kann ebenfalls einen großen Unterschied machen. Denn diese Lebensmittel fördern die Sättigung und helfen dabei, deinen Blutzuckerspiegel zu stabilisieren, was das Risiko für plötzliche Hungerattacken reduziert.
- Protein ist ein weiterer Bestandteil der Ernährungsstrategie bei Stress: Setze auf proteinreiche Lebensmitteln wie mageres Fleisch, Eier oder Hülsenfrüchte, denn diese Lebensmittel sorgen dafür, dass du länger satt bleibst. So widerstehst du ungesunden Versuchungen besser.
- Außerdem ist es wichtig, hochverarbeitete Lebensmittel mit meist hohem Zuckergehalt und ungesunden Fetten zu vermeiden. Diese Lebensmittel sind meist nicht nur sehr kalorienreich, sondern auch ballaststoff- und nährstoffarm. Dies kann wiederum zu Energielöchern und verstärkten Heißhungerattacken führen. Versuche stattdessen, bei natürlichen Lebensmitteln zu bleiben, die dir den ganzen Tag über stabile Energie liefern.
- Zu guter Letzt kann Meal Prepping, also die Planung und Vorbereitung deiner Mahlzeiten im Voraus, eine echte Veränderung bewirken: Wenn du einen gesunden, leckeren Snack zur Hand hast, ist die Chance deutlich höher, dass du impulsive Essensentscheidungen vermeidest.
Indem du diese Schritte unternimmst, bist du auf dem besten Weg, konstanten Appetit zu besiegen und sich bestmöglich zu fühlen.
Noch sinnvoller ist es jedoch, Stress im Vorhinein zu vermeiden.
Bewältigungsstrategien zur Vermeidung von Stress
Denn neben gesunden Essgewohnheiten können effektive Bewältigungsstrategien helfen, ständigen Appetit und emotionales Essen zu kontrollieren.
Beginne damit, deine Stressauslöser zu identifizieren: Zu wissen, welche Situationen Stress verursachen, kann dir helfen, sich besser vorzubereiten und zu reagieren.
Ein Beispiel aus meinem Coaching: Ein Klient von mir hat durch seinen stressigen, fordernden Alltag stets das Bedürfnis gehabt, sich zu belohnen. So hat er sich nicht nur während des Arbeitstages regelmäßig an den Kekssschalen im Büro bedient, auch abends standen regelmäßig kalorienreiche Abendessen auf dem Plan. Wir haben daraufhin Strategien erarbeitet, sowohl den Stress zu reduzieren, als auch andere Belohnungen als Essen zu finden.
Wenn eine lange Todo-Liste dich stresst, kann es also helfen, deine Aufgaben zu organisieren und Pausen einzulegen. Probiere dabei auch mal Entspannungstechniken wie tiefes Atmen oder Meditation aus. Diese Methoden können deinen Geist beruhigen und den Drang zum Naschen reduzieren.
Ebenfalls kann es helfen, die Ursachen deines Stresses durch Kommunikation zu adressieren: Sprich mit Freunden, Familie oder Kollegen darüber, was dich belastet. Das Teilen deiner Gefühle kann deine emotionale Last verringern und die Versuchung reduzieren, sich aus Komfortgründen dem Essen zuzuwenden.
Letztlich hilft es aber auch, eine gesunde Handlungsalternative zum Essen zur Hand zu haben: Beteilige dich an stimmungsaufhellenden Aktivitäten wie das Treffen von Freunden, Sport treiben oder einfach nur spazieren gehen. Diese Aktivitäten können dich vom emotionalen Essen ablenken und deine Stimmung heben.
"
Letztlich hilft es aber auch, eine gesunde Handlungsalternative zum Essen zur Hand zu haben: Beteilige dich an stimmungsaufhellenden Aktivitäten wie das Treffen von Freunden, Sport treiben oder einfach nur spazieren gehen. Diese Aktivitäten können dich vom emotionalen Essen ablenken und deine Stimmung heben.
DR. MED. INGO SCHMITZ-URBAN
ARZT | TÄTIGKEITSSCHWERPUNKT ERNÄHRUNGSMEDIZIN
Wie du langfristig Stressessen vermeidest
Die beste Vorsorge gegen Stressessen ist ein Lebensstil, der ausgewogene Ernährung, regelmäßige körperliche Aktivität und konsequente Selbstfürsorge priorisiert. So steigerst du deine Widerstandsfähigkeit, die Resilienz, gegenüber äußerem und inneren Stress.
Beginne damit, deine Stressauslöser und -situationen zu erkennen, da es entscheidend ist zu verstehen, was dein stressbedingtes Essen verursacht. Sobald du deine Auslöser kennst, nutze deine Handlungsalternativen, um den Stress auf gesunde Art zu reduzieren.
Die Stärkung deiner Widerstandsfähigkeit ist entscheidend: Integriere Selbstfürsorgepraktiken in deinen Alltag, wie ausreichend Schlaf und Entspannung, eine gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung. Diese Gewohnheiten stärken deine Fähigkeit, mit Stress auf gesunde Weise umzugehen.
Übrigens, wie du emotionales Essen vermeidest, lernst du im Detail auch in meinem Abnehmprogramm „Schlank ohne Diät“.
Stelle dir ein Leben vor, in dem du wenig(er) Stress hast und in stressigen Situationen nicht zu ungesunden Snacks greifen musst.
Durch das Identifizieren von Stressauslösern, der Integration von Entspannungstechniken und gesunde Handlungsalternativen zum Essen, kannst du dieses ungesunde Verhalten ändern.
Die beste Vorsorge sind dabei ein widerstandsfähiger Körper und Geist: Mit ausreichend Schlaf, gesunden Mahlzeiten und regelmäßiger Bewegung kannst du einiges tun, um deinen Körper resilienter gegenüber Stress zu machen.
Du kannst deine Genetik nicht ändern, aber dein Verhalten kannst du jeden Tag aufs neue steuern und ein Leben ohne (oder zumindest weniger) Stressessen führen.
Dr. med. Ingo SChmitz-Urban
Arzt | Tätigkeitsschwerpunkt Ernährungsmedizin
FAQ
Wenn du gestresst bist, wird dein Körper wahrscheinlich nach Süßigkeiten und/ oder fettreichen Snacks verlangen. Diese Lebensmittel bieten schnelle Energie aufgrund ihres hohen Zuckergehalts und Fettgehalts, was vorübergehend deine Stimmung und Energieniveaus steigern kann.
Ja, Stressessen kann zu ernsthaften Gesundheitsproblemen wie Fettleibigkeit, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen. Es stört den Hormonhaushalt, erhöht den Appetit und führt zu schlechten Ernährungswahlen, was sowohl deiner körperlichen als auch geistigen Gesundheit schaden kann.
Hast du dich schon einmal gefragt, warum du bei Müdigkeit Lust auf ungesundes Essen hast? Studien haben gezeigt, dass zu wenig und/ oder schlechter Schlaf deine Hungerhormone und dich zu kalorienreichen Snacks greifen lässt. Im Mittel werden so 500 Kalorien mehr pro Tag verzehrt! Verbessere deinen Schlaf und du wirst es einfacher finden, stressbedingte Gelüste zu widerstehen.
Ja, bestimmte Übungen können den durch Stress verursachten Hunger reduzieren: Versuche Atemübungen, Yoga oder leichte Aktivitäten wie Spazierengehen. Hochintensives Intervalltraining (HIIT), Tai Chi, Qigong oder Krafttraining können ebenfalls helfen.
Man mag denken, dass Kultur keine Rolle spielt, aber sie prägt tiefgreifend Essgewohnheiten bei Stress. Kulturelle Normen, familiäre Traditionen und gesellschaftliche Überzeugungen beeinflussen alle, wie man Nahrung zur Bewältigung von Stress einsetzt, was es zu einem bedeutenden Faktor in Ihrem Verhalten macht.