Warum den Puls messen?
Es gibt 3 Hauptgründe, warum man den eigenen Puls kennen und messen möchte:
Puls beim Sport messen
Ob Freizeitsportler oder Hochleistungsathlet - Sportler nutzen das Pulsen, um die Leistungsfähigkeit und die sportlichen Fortschritte mess- und sichtbar zu machen.
Wichtig ist auch die Pulskontrolle, denn je nach Trainingsziel sollte der Sportler in einem bestimmten Pulsbereich bleiben - mehr dazu weiter unten.
Moderne Pulsuhren geben Rückmeldung darüber, ob man im richtigen Pulsbereich trainiert. Außerdem kann man seine Pulsdaten dokumentieren und vergleichen.
Puls bei Krankheit messen
Wer an bestimmten Krankheiten leidet, wird regelmäßig den Puls kontrollieren müssen oder wollen. Zu Erkrankungen dieser Art gehören vor allem Herz-/Kreislauferkrankungen wie Bluthochdruck oder Herzerkrankungen.
Es gibt einfach ein Gefühl der Sicherheit, den eigenen Puls kontrollieren und vergleichen zu können.
Besonders Belastungen wie der Herzsport wollen gut überwacht sein - dafür bietet sich die Pulskontrolle bestens an.
Puls zur Optimierung messen
Heutzutage wird mehr und mehr getrackt. Ob Schlaf, Schritte oder Puls - dies sind nur einige der Parameter, die moderne Fitnesstracker oder Smartwatches messen und dokumentieren können.
So möchten die Anwender verschiedenste Vitalfunktionen überwachen, sich besser kennen lernen und so ihr Leben und ihre Leistungsfähigkeit optimieren.
Möglichkeiten wie die Dokumentation und der Vergleich mit anderen Personen spornen dabei zu Höchstleistungen an.
Was versteht man unter dem Puls?
In der Umgangssprache entspricht der Puls der Herzfrequenz oder auch Herzschlagfrequenz: Diese beschreibt die Geschwindigkeit der Herzkontraktionen und wird üblicherweise in Schlägen pro Minute (engl.: beats per minute, bpm) angegeben.
In der Medizin wird der Puls genauer definiert:
wikipedia.org
Im medizinischen Sinne beschreibt der Puls die mechanischen Auswirkungen der durch den systolischen Blutausstoß vom Herz stammenden Druck- und Volumenschwankung (Pulswelle) auf die direkte Umgebung oder deren Fortleitung in entferntere Regionen des Körpers durch das Blutgefäßsystem. Als Puls bezeichnet man sowohl die Frequenz der Druckstöße […] als auch deren Amplitude und Verlauf
Der Einfachheit halber setzen wir in diesem Artikel Herzfrequenz messen und Puls messen synonym, es geht hierbei also nur um die Geschwindigkeit des schlagenden Herzens.
Pulsmessung Methoden
Um den Puls zu messen gibt es verschiedene Methoden. Generell kann man die Herzfrequenzmessung unterscheiden in manuelle und elektronische Messung.
Manuelles Puls messen
Für die manuelle Pulsmessung benötigt man eine Uhr oder alternativ ein Smartphone. Taste einen der nachfolgenden Orte und zähle die Pulsschläge in 15 Sekunden; dieser Wert ergibt multipliziert mit 4 die Herzfrequenz. Eilige können auch nur 10 Sekunden zählen und diesen Wert mal 6 nehmen – dieser Wert ist jedoch etwas ungenauer.
Puls am Handgelenk messen
Um den Puls am Handgelenk zu messen, musst du zunächst die Schlagader auf Höhe des Handgelenkes ertasten. Am leichtesten kann man die Radialarterie (A. radialis) tasten, diese liegt auf der Seite des Daumens (siehe Bild). Alternativ kann man die Herzfrequenz auch über die Ulnararterie (A. ulnaris) bestimmen, diese verläuft auf der Seite des Kleinfingers.
Wenn du deinen eigenen Puls misst, kannst du Daumen oder Zeige- und Mittelfinger zum Tasten des Pulses nutzen. Wenn du hingegen bei einer anderen Person den Puls bestimmen willst, nutze bitte ausschließlich Zeige- und Mittelfinger – wenn du den Daumen benutzt kann es sein, dass du deinen eigenen Puls misst und nicht den der anderen Person.
Puls am Hals messen
Der Puls am Hals wird auch als Karotispuls bezeichnet, da dort die Karotis (die große Halsarterie) tastbar ist. Die Messung am Hals ist eine besonders gute Alternative zur Messung am Handgelenk, da der Puls durch die Nähe zum Herzen und die Dicke der Karotis besonders gut tastbar ist. Wer also Probleme damit hat, den Puls am Handgelenk zu tasten, sollte es am Hals probieren.
Um den Puls am Hals zu messen drehe den den Kopf nach links; auf der rechten Halsseite wird dann ein starker Muskel sichtbar – der Muskel mit dem komplizierten Namen Sternocleidomastoideus. Direkt vor diesem Muskel kannst duden Halspuls tasten (siehe Bild). Am Besten klappt das Tasten mit Zeige- und Mittelfinger (wie im Bild illustriert).
Puls an anderen Körperstellen tasten
Man kann den Puls auch an anderen Körperstellen tasten, z.B. in der Leiste, in der Kniebeuge oder am Fußrücken. Diese Stellen werden aber zum normalen Messen der Herzfrequenz selten genutzt und sind eher einer ärztlichen Untersuchung vorbehalten.
Puls messen elektronisch
Die elektronische Pulsmessung nutzt technische Hilfsmittel zum Ermitteln des Pulses. Ich stelle dir hier die fünf gängigsten Methoden vor, um den Puls zuhause oder beim Sport zu bestimmen. Hinweis: Natürlich kann auch mittels eines EKG die Herzfrequenz bestimmt werden, dies ist jedoch der ärztlichen Untersuchung vorbehalten und keine Lösung für den Alltag.
Die 5 Hilfsmittel zur Pulsmessung
Pulsuhr mit Brustgurt
Pulsuhren mit Brustgurt sind die Systeme, die bereits am längstem auf dem Markt sind. Die erste Pulsuhr wurde von Polar 1982 herausgebracht und trug den Namen PE 2000.
Der große Vorteil des Brustgurtes ist die Nähe zum Herzen: dadurch ist eine durchgehende und sehr genaue Messung der Herzfrequenz möglich. Ähnlich wie ein EGK misst der Brustgurt die elektrischen Impulse von der Herzaktion und überträgt dieses an die Pulsuhr.
Moderne Varianten können nicht nur die Herzfrequenz sondern auch die Herzfrequenzvariabilität bestimmen. Die Herzfrequenzvariabilität ist neben dem Trainingspuls ein wichtiger Marker zur Gestaltung eines personalisierten und effizienten Trainings.
Ein Nachteil ist natürlich der Brustgurt selber: so kann das Tragen unangenehm sein oder durch zu langes und enges Tragen Druckstellen oder Wunden verursachen. Deswegen ist es wichtig, dass der Brustgurt gut eingestellt wird.
Fazit: Pulsuhren mit Brustgurt ermöglichen eine präzise Messung für Sportler, die Wert auf genaue Ergebnisse legen. Außerdem sind die Uhren insbesondere für Sportarten geeignet, in denen man sich sehr aktiv bewegt (z.b. Kampfsport).
Pulsuhr ohne Brustgurt
Pulsuhren ohne Brustgurt wurden aus dem o.g. Kritikpunkt entwickelt. Hier ist kein zusätzlicher Brustgurt notwendig.
Die Geräte arbeiten auf dem photoplethysmografischen Verfahren: Hierbei wird Licht einer bestimmten Wellenlänge ausgestrahlt und das reflektierte Licht durch einen Sensor registriert. Da Blut Licht dieser Wellenlänge besonders gut absorbiert, kann aus der Menge des reflektierten Lichts auf den Puls geschlossen werden.
Die Uhr misst mittels Handgelenkssensor und kann so permanent den Puls ermitteln.
Es gibt eigenständige Pulsuhren / Fitnesstracker sowie Smartwatches, die noch einen deutlich umfangreicheren Funktionsumfang haben.
Mehr zu Pulsuhren ohne Brustgurt findest du in unserem Artikel Fitness Tracker zum Puls messen!
Fazit: Die hochwertigen Pulsuhren ermitteln heute auch ohne Brustgurt ziemlich genau die Herzfrequenz. Nachteilig ist, dass die Uhren bei sehr aktiven Sportarten (z.B. Kampfsport) eher ungeeignet sind.
Blutdruckmessgerät
Blutdruckmessgeräte sind wie der Name bereits sagt eher zum Messen des Blutdrucks ausgelegt. Hier wird der systolische und der diastolische Blutdruck sowie der Puls ermittelt.
Die Messung dauert relativ lange und benötigt das An- und Ablegen der Blutdruckmanschette.
Es gibt Geräte für das Handgelenk und für den Oberarm. Für den Puls ist es irrelevant, welches der beiden Typen man wählt. Die Oberarm-Variante ist bei der Blutdruckmessung genauer, beim Puls ist die Messgenauigkeit bei beiden Geräten ähnlich.
Fazit: Beim Sport sind Blutdruckmessgeräte eher unpraktisch. Wer jedoch Zeit hat und in Ruhe Puls und Blutdruck ermitteln möchte, sollte ein Blutdruckmessgerät für den Oberarm wählen.
Pulsoximeter
Pulsoximeter arbeiten wie die Pulsuhren ohne Brustgurt mit dem optischen Messprinzip. Hier wird neben der Herzfrequenz auch die Sauerstoffsättigung bestimmt, was insbesondere bei bestimmten Erkrankungen (z.B. Herz- oder Lungenerkrankungen) von Vorteil sein kann. Deswegen werden diese Geräte häufig in Herzsportgruppen genutzt.
Die Geräte sind sehr handlich, haben jedoch den Nachteil, dass keine kontinuierliche Messung möglich ist.
Mehr zu Pulsoximetern in unserem Artikel: Pulsoximeter
Fazit: Die Pulsoxymetrie eignet sich zum gelegentlichen Bestimmen von Puls und Sauerstoffsättigung. Gut geeignet sind diese Geräte vor allem für Herz- oder Lungenpatienten.
Smartphone-Apps
In den großen Appstores von Google und Apple werden Smartphone-Apps angeboten, die mittels Rückkamera am Finger oder mittels Frontkamera im Gesicht die Herzfrequenz ermitteln können.
Die berechneten Ergebnisse sind allerdings nicht immer exakt: So wurden in einer Studie der Herzklinik Zürich 2017 vier Apps auf ihre Genauigkeit untersucht. Die Studie zeigte auf, dass die Apps Abweichungen von bis zu 20 Schlägen pro Minute im Vergleich zu der genauen EKG-Messung aufwiesen. Genauer sind noch die Apps, die mittels rückseitiger Kamera den Puls bestimmen. Wirklich verlässlich sind diese Apps zumindest aktuell jedoch nicht und die Messalgorithmen sind nicht bekannt.
Fazit: Solange durch die App-Hersteller der Algorithmus nicht bekannt gemacht wird und Apps unabhängig auf ihren medizinischen Nutzen evaluiert werden, sind Apps in unseren Augen keine zuverlässigen Messinstrumente. Ich möchte daher an dieser Stelle auch keine dieser Apps empfehlen.
Puls Normwerte
Nun wirst du dich eventuell fragen: Welche Pulswerte sind normal?
Dabei solltest du wissen, dass die Herzfrequenz eine große Spanne hat. So wirst du beispielsweise beim entspannten Lesen eines Buchs eine deutlich niedrigere Herzfrequenz haben, als wenn du gerade aus dem Keller in den dritten Stock gelaufen bist.
Generell liegt die normale Ruheherzfrequenz bei einem Erwachsenen zwischen 50 und 100 Schlägen pro Minute.
- Schlägt das Herz schneller, spricht man von einer Tachykardie.
- Schlägt das Herz langsamer, spricht man von einer Bradykardie.
Achtung, diese Werte gelten nicht für Kinder! Je jünger das Herz, desto schneller schlägt es in Ruhe: So ist es bei einem Neugeborenen völlig normal, wenn das Herz mit einer Frequenz von 120 Schlägen pro Minute schlägt (siehe Tabelle unten).
Man kann unterscheiden in Ruhe- und Trainingsherzfrequenz:
Ruhepuls
Die Ruheherzfrequenz bzw. der Ruhepuls beschreibt die Herzschlagrate in Ruhe, üblicherweise muss man dafür mindestens 5 Minuten sitzen. Idealerweise bestimmst du den Ruhepuls morgens nach dem Aufstehen wenn du noch im Bett liegst.
Die nachfolgenden Tabellen sind Richtwerte und können von Person zu Person abweichen!
Ruhepuls Normwerte Kinder
Alter | Normwerte |
Fötus | 110-160 |
Neugeborene (1.-28. Tag) | 120-140 |
Säuglinge (2.-12. Monat) | 120-130 |
Kleinkinder (2.-5. LJ) | 100-120 |
Schulkinder (6.-14. LJ) | 80-110 |
Jugendliche (15.-17. LJ) | 80 |
Ruhepuls Normwerte Männer
Alter | 18-25 | 26-35 | 36-45 | 46-55 | 56-65 | 65+ |
---|---|---|---|---|---|---|
Athlet | 49-55 | 49-54 | 50-56 | 50-57 | 51-56 | 50-55 |
Exzellent | 56-61 | 55-61 | 57-62 | 58-63 | 57-61 | 56-61 |
Gut | 62-65 | 62-65 | 63-66 | 64-67 | 62-67 | 62-65 |
Überdurchschnittlich | 66-69 | 66-70 | 67-70 | 68-71 | 68-71 | 66-69 |
Durchschnitt | 70-73 | 71-74 | 71-75 | 72-76 | 72-75 | 70-73 |
Unterdurchschnittlich | 74-81 | 75-81 | 76-82 | 77-83 | 76-81 | 74-79 |
Schlecht | 82+ | 82+ | 83+ | 84+ | 82+ | 80+ |
Quelle: topendsports.com
Ruhepuls Normwerte Frauen
Alter | 18-25 | 26-35 | 36-45 | 46-55 | 56-65 | 65+ |
---|---|---|---|---|---|---|
Athlet | 54-60 | 54-59 | 54-59 | 54-60 | 54-59 | 54-59 |
Exzellent | 61-65 | 60-64 | 60-64 | 61-65 | 60-64 | 60-64 |
Gut | 66-69 | 65-68 | 65-69 | 66-69 | 65-68 | 65-68 |
Überdurchschnittlich | 70-73 | 69-72 | 70-73 | 70-73 | 69-73 | 69-72 |
Durchschnitt | 74-78 | 73-76 | 74-78 | 74-77 | 74-77 | 73-76 |
Unterdurchschnittlich | 79-84 | 77-82 | 79-84 | 78-83 | 78-83 | 77-84 |
Schlecht | 85+ | 83+ | 85+ | 84+ | 84+ | 84+ |
Quelle: topendsports.com
Die Ruheherzfrequenz kann durch verschiedene Faktoren zeitweise oder dauerhaft beeinflusst werden:
- Sport: Bei Leistungssportlern ist bekannt, dass das Herz in Ruhe langsamer schlägt. Das Herz ist durch das Training gewohnt, stärker und schneller zu kontrahieren. Daher kann es sein, dass es in Ruhe unter 50 mal pro Minute pumpt.
- Erkrankungen: Bestimmte Krankheiten können zu einer Brady- oder Tachykardie führen. So wird bei Reizleitungsstörungen wie einem Schenkelblock die Herzfrequenz reduziert sein, bei einem Vorhofflimmern kann die Frequenz deutlich erhöht sein.
- Medikamente: Medikamente, die direkt auf das Herzkreislaufsystem wirken, können den Herzschlag verlangsamen oder schneller machen. Betablocker z.B. wirken direkt auf die Herzfrequenz und senken diese. Es gibt auch Medikamente, die als Nebenwirkung Einfluss auf das Herz-/Kreislaufsystem haben: So können Schilddrüsenhormone wie L-Thyoxin zu einer schnelleren Herzfrequenz führen.
- Psyche: Auch die Psyche hat Einfluss auf die Herzfrequenz. Stress kann durch eine Aktivierung des autonomen Nervensystems zu einer erhöhten Herzschlagfrequenz führten.
Trainingspuls
Die Belastungsherzfrequenz, auch Belastungspuls oder Trainingspuls genannt wird wichtig, wenn es um die Belastungsfähigkeit im Sport oder Alltag geht und lässt sich mittels einer Formel (der so genannten Karvonen-Formel) berechnen.
Mehr Details zur Bestimmung des optimalen Trainingspulses findest du hier.
Das Fazit vom Fitnessdoc
Das Pulsmessen ist eigentlich nicht kompliziert -die Interpretation hingegen schon ein wenig mehr. Wer hier Fragen hat, sollte auf jeden Fall ärztlichen Rat suchen.
Dr. med. Ingo SChmitz-Urban
Arzt und Ernährungsmediziner